Dem gestrigen Nationalfeiertag sei Dank. Kaum auf dem Schloss, komme ich in Genuss eines seltenen Spektakels. Fahnenwechsel auf dem siebenstöckigen (!) Schlossturm. Das weisse Kreuz auf rotem Grund muss wieder der schwarz-gelben Heidegger Fahne weichen. Konservator Dieter Ruckstuhl zwängt sich aus der Dachluke und setzt sich auf den First.
Flaggenwechsel 30 Meter über dem sicheren Erdreich. Kein Arbeitsplatz für Menschen mit Höhenangst. Doch Dieter Ruckstuhl hantiert ruhig, geniesst gar den gefährlichen Job. «Die Aussicht von hier oben ist fantastisch.» Wie wahr: Unsere Blicke schweifen über den Baldeggersee bis hin in die Zentralschweizer Alpen und Richtung Norden bis ans Ende des Hallwilersees.
Übrigens: Weit dramatischer verlief auf Heidegg der Fahnenaufzug am 14. Dezember 1916, wie mir Dieter Ruckstuhl erzählt. Damals löste sich am Mastenspitz die Kugel und erschlug die Bedienstete Hedwig Schmid. Die 24jährige Lehrerstochter aus Lieli verstarb, weil die Dachdecker die Kugel beim letzten Mastenwechsel ungenügend fixiert hatten. Dieter Ruckstuhl zeigt mir alte Briefe, die sich mit der Schuldfrage befassen. Und ein vergilbtes Foto von der tödlich Verunglückten, aufgebahrt in der Schlosskapelle in einem Blumenmeer.

Hedwig Schmid, aufgebahrt in der Schlosskapelle (1916), nach dem tragischen Unglück beim Fahnenaufzug.