Sommerserie 2016 – Taglöhner

Den Arbeitsort erreicht

Auf gehts, den Rucksack geschultert, den steilen Karrweg neben dem Bad-Brünnli hoch. Vorbei an weidenden Rindern und Schafen. Schritt für Schritt, immer weiter weg vom Natelempfang. Adieu Alltag, adieu Rund-um-die-Uhr-erreichbar-sein. Dem Jurtendorf entgegen. «Unser grösster Luxus auf ‹Unter Niespel› wird die Einfachheit sein», sagte einst Initiantin Andrea Weibel. Damals, als ich sie 2011 über ihre grossen Pläne auf dem fünf Hektaren kleinen Gehöft für unsere Zeitung befragte. Fünf Jahre später erblicke ich sie zum ersten Mal: die grösste Jurten-Siedlung der Schweiz. Die Zelt-Stadt mit 23 Jurten, eingebettet ins V-Tal, übertrifft meine kühnsten Erwartungen.

IMG_2912

Eingetroffen in der Oase der Stille.

Büezer auf besonderem Fleckchen

Taglöhner Norbert Bossart hat ein stilles Fleckchen gefunden, wo seine Kräfte gefragt sind. Im naturverbundensten Örtchen der Schweiz. So werde ich einen Tag lang im Jurtendorf auf „Unter Niespel“ mit anpacken. Diese Zeltstadt liegt oberhalb des Wallfahrtsorts Luthern Bad, am Fusse des Napfs.

karte

Unter Niespel, Luthern Bad, 911 Mewter über Meer: das Ziel von Taglöhner Norbert Bossart

Bei den Lottospielern im „Violino“

Adleraugen und eine klare Aussprache sind vonnöten. 19 – 23 – 83 – 38 – 06: der Taglöhner steht als Speaker und Helfer am Sommerlotto des Wohn- und Begegnungsorts Violino, Zell, im Einsatz. Zwei Drittel der 67 Bewohner machen mit. «Lotto ist beliebt und eine ideales Gedächtnistraining obendrauf», sagt Iréne Blum, die mit Martha Kunz das Aktivierungsprogramm leitet. Die beiden Frauen bringen mit Tätigkeiten wie Kochen, Singen, Werken oder Turnen regelmässig Abwechslung in den Heimalltag. Der eine hört nicht mehr gut, der andere sieht schlecht: Beim Lottospielen können die Senioren beim Zahlenabdecken auf die Hilfe des Pflegepersonals zählen. Ganz ohne Hilfe bringt Hedwig Müller-Häfeli, mit 98 Jahren die Älteste im «Violino», ihre Lottogewinne ins Trockene: eine Pack  Hustenbonbons und einen Gutschein der Cafeteria.

IMG_1257IMG_1266 (1)IMG_1286IMG_1288IMG_1259IMG_1256IMG_1258lotto

Darum engagieren sie sich

Drei Stimmen zum Spielplatzprojekt in Altbüron.

Fehler
Dieses Video existiert nicht
Fehler
Dieses Video existiert nicht
Fehler
Dieses Video existiert nicht

Die Spielplatzbauer

Finanzberater, Tätowiererin, Softwareentwicklungsingenieur… greifen zur Schaufel. 21 Kubikmeter Splittbeton werden eingebaut, als Untergrund für den Fallschutz bei den Kletterfelsen. Taglöhner gibts in Altbüron zuhauf, die ehrenamtlich büezen: Rund 15 Familien sind seit Frühling Samstag für Samstag am Bau des behindertengerechten Spiel- und Begegnungsplatzes Hiltbrunnen am Werk. Seit dem Ferienstart herrscht Intensivbetrieb auf der Baustelle. «Ein familienfreundlicher Treffpunkt fehlte in unserem Ort», sagt Wilma Rölli, 36, dreifache Mutter und Vorstandsmitglied des 80 Mitglieder starken Spielplatzvereins. «Mit vereinten Kräften lässt sich für die Kleinen Grosses schaffen.» Am 4. September, ab 10.30 Uhr, wird die neue Attraktion mit einem Spielplatzfest eröffnet. Vor Ort ein prominenter Festredner: alt Bundesrat Samuel Schmid.

IMG_1365schaufelnIMG_1394IMG_1382IMG_1385IMG_1391IMG_1386IMG_1411

Taglöhner kommt ins Schwitzen

IMG_1414

Weiss auf schwarz der Beweis: Taglöhner Bossart kommt kräftig ins Schwitzen in Altbüron. Bei welcher Arbeit? Mehr dazu morgen. Der nächste Auftrag ruft.

Brandheisser Job an coolem Örtchen

IMG_1354

Badmeister Stefan genannt „Steve“ Häfliger hat eine zündende Idee. Er engagiert Taglöhner Bossart als Grillmeister im Willisauer Freibad „Hasenburg“. Eine brandheisser Job an coolem Ort. Das Feuer ist schnell entfacht.  Gäste sind an diesem Donnerstagmorgen aufgrund des kurzen Niederschlags (leider) wenige vor Ort. Gestern hingegen weilten hier 730 (!) hungrige Mäuler.“Wir hatten gleich zwei Grills eingefeuert. Es herrschte Hochbetrieb“, berichtet Steve.

Doch es gibt sie, die unentwegten Wasserratten, die ihr Brätelgut bringen. Zum Besipiel Richard Kurmann (66) und seine Frau Marianne (63). Die Hergiswiler legen Fische aufs Feuer und stimmen ein Loblied auf das Willisauer Freibad an. „Klein, aber fein“ sei diese Badi. „Idyllisch“, urteilt Richard, der die letzten 25 Arbeitsjahre als Sakristan von Hergiswil wirkte. „Wir sind im Sommer fast jeden Tag hier. Hier treffen wir Freunde, hier ist es gemütlich.“ Am Werk sei ein freundliches Baditeam.

Taglöhner Bossart putzt Kabinen, wischt das Regenwasser von den Gartentischen. Und plötzlich wird es hektisch. Der Sonne sei Dank. Immer mehr Gäste trudeln ein. Jetzt ist das Mitarbeiten des Taglöhners gefragt. Er kassiert Eintritte ein, schiebt eine Pizza in den Ofen, hilft Cinderella Huter am Kiosk beim Hot-Dogs machen.

Den Zahltag für den Taglöhner könnte passender nicht sein: eine Wurst vom Grill und eine Einladung ans leckere Salatbuffet. En Guete! Und Taglöhner Bossart muss weiter – in Altbüron zählt eine Eltern- und Kinderschar auf seine Hilfe.

IMG_1356

Der Zahltag könnte zeitlich nicht passender sein.

IMG_1362

Cinderella Huter macht Pommes frites.

IMG_1351

Bademeister Stefan „Steve“ Häfliger empfängt Gäste an der Eintrittskasse.

 

Glasklar müssen die Fenster sein

Taglöhner Bossart seit 7 Uhr morgens als Putzteufel im Schulhaus Ohmstal am Werk. Schulhaus reinigen mit Erika Gut-Muff (48) und Agi Häfliger-Meier (62), die seit 36 (!) Jahren als Hauswartin „die gute Seele“ der Ohmstaler Schule ist. Fenster putzen – ein meditativer Job.

IMG_1316

Agi Häfliger-Meier bringt die Pissoirs auf Hochglanz.

IMG_1329

Erika Gut-Muff hilft seit sieben Jahren jeweils beim grossen Sommerputz mit.

Fenster

Taglöhner Bossart am Putzen der Eingangspforte beim Sportplatz.

Erste Jobangebote treffen ein

Rege klingelt das Telefon auf der Taglöhner-Zentrale  – die neue WB-Sommerserie ist lanciert. Als erster Taglöhner ist ab Donnerstag, 21. Juli, 7.00 Uhr, Reporter Norbert Bossart unterwegs. Keller schrubben, Einkäufte tätigen, den Hund ausführen – möchten auch Sie auf die Hilfe eines Taglöhners zählen? Schicken Sie uns Ihr Jobangebot auf redaktion@willisauerbote.ch oder rufen Sie uns an 041 972 60 49.

IMG_1253

Es wird ihm morgen nicht an Arbeit mangeln: Taglöhner Norbert Bossart nimmt erste Aufträge entgegen.

Beim Arbeiten Ferien machen

In diesen Tagen feiert Reporter Bossart ein kleines Arbeitsjubiläum. Zum 20 Mal nehme ich eine Sommerserie in Angriff. Anno 1996 wollte ich weg vom Schreibpult, hin zur Leserschaft. Mehr noch: Mein Ziel war, während der Arbeit gleichzeitig Urlaub zu machen. So lancierte ich die Freiluftredaktionsstube, zog mit drei Lamas und einem fünfköpfigen Team los und berichtete von unseren Erfahrungen. Das Experiment glückte – vor allem, weil die damals raren Lamas wie Lockvögel wirkten und Gespräche mit der Bevölkerung in Gang brachten. Das Echo der Leserschaft war Ansporn für mehr. Sommer für Sommer sind wir seither als Team auf Achse, schliefen etwa als Vagabunden unter Brücken, waren als Ross ’n’ Roller auf Beizentour oder steuerten das Böttu-Taxi.

An neuen, interessanten Gesichtern und Geschichte fehlt(e) es nie. Verändert hat sich aber über all die Jahre unsere Büez. Einst brachte ein Kurier unsere Schwarz-Weiss-Filme und die auf Disketten gespeicherten Texte auf die Redaktion – worauf wir die Seele baumeln liessen. Später lieh uns der Chefredaktor sein erstes Handy während der Sommerzeit aus. Heute sind wir rund um die Uhr auf dem iPhone erreichbar, bloggen, posten auf Facebook wie blöd und twittern, was das Zeug hält. Darum will ich als Taglöhner in den hintersten Chrachen ziehen, in eine Oase ohne Natelempfang. Schliesslich will ich beim Arbeiten endlich wieder Ferien machen.

Norbert Bossart

12048-ext-magazin-vagabund

Streiften durch die Region, schliefen unter Brücken und schrieben über ihre Abenteuer: die zwei WB-Vagabunden Marc Lustenberger (links) und Norbert Bossart.